Montag, 28. März 2011
[Rezension] "Grimm" von Christoph Marzi
° Autor: Christoph Marzi
° Titel: Grimm
° Originaltitel: Grimm
° Genre: (Fantasy) Roman
° Erscheinungsdatum: 15 November 2010
° Verlag: HEYNE Verlag
° 560 Seiten
° ISBN: 978-3-453-26661-2
° Preis: 17,99 €
° Der erste Satz: Vesper Gold, in deren grün schimmernden Augen sich unverhohlener Trotz zeigte, saß nahezu regungslos auf dem Stuhl im Vorzimmer der Direktorin und wartete darauf, dass ihre Mutter eintraf.
Klappentext:
Weich nie vom Wege ab ...
So lautet die Mahnung in "Rotkäppchen", jenem Märchen der Brüder Grimm, das Vesper Gold vor vielen Jahren von ihrem Vater erzählt wurde. Doch was diese Worte wirklich bedeuten, erfährt Vesper erst, als an einem stürmischen Herbsttag Wölfe durch die Straßen der Stadt streifen und alle Kinder in einen rätselhaften Schlaf fallen.
Worum geht es?
Der Tag fängt nicht gut an für die siebzehnjährige Vesper Gold. Sie ist neu in Hamburg, in der Schule gibt es wieder Ärger, und ihre Mutter, eine weltberühmte Pianistin, hat einmal mehr keine Zeit für die temperamentvolle Tochter. Doch all das ist mit einem Mal unwichtig, als Vesper erfährt, dass ihr Vater unter mysteriösen Umständen gestorben ist. Plötzlich ist ihr ein geheimnisvoller Unbekannter auf den Fersen und in der Post findet sie einen Brief ihres Vaters, der einen Ring, einen Schlüssel und eine Warnung enthält: "Hüte dich vor den Wölfen und dem, was ihnen folgt."
Was sich hinter diesem satz verbirgt, erfährt Vesper schneller, als ihr lieb ist: Immer unheimlichere Dinge geschehen in der Stadt, Wölfe tauchen auf und alle Kinder fallen in einen rätselhaften Tiefschlaf. Auf der Suche nach Antworten trifft Vesper auf den Studenten Leander Nachtsheim, der wie sie einen uralten Schlüssel bei sich trägt. Verfolgt von düsteren Wesen betreten die beiden eine Welt, in der Geschichten lebendig zu werden scheinen. Eine Welt, die sie verstehen müssen, bevor sich die Gegenwart auf ewig verändert: Denn das, was die Brüder Grimm einst mit Worten bannen suchten, ist aufs Neue erwacht ...
Rezeption:
Zuallerst muss ich sagen, dass das Buch etwas völlig anderes bereithält, als ich erwartet habe. Bestochen durch das märchenhafte Cover sponnen sich mir Gedanken um einen märchenhaften Fantasyroman zusammen. Was ich nicht wusste... dass Marzi genau das Gegenteil davon bedeutet... *grins*.
Man wird sofort mitten in die Handlung eingeführt, die sich rund um das "Problemkind" Vesper dreht. Als Tochter einer weltbekannten Pianistin Margo Gold und eines erfolgreichen (Film-)Regisseurs Maxime Gold passt das Mädel nicht wirklich dahin. Sie ist ziemlich extrovertiert, zynisch, dunkel angehaucht und sagt viel zu oft die Wahrheit *g*. Im Nachhinein werden auch die Hintergründe des Aufwachsens von Vesper aufgedeckt, wo man sich dann später auch nicht mehr über Vespers ausfallende Entwicklungsart wundert.
Das Buch umfasst einige Charaktere, die immer wieder auftauchen und wichtig sind.. ich denke da oft an Leander und Jonathan..sowie an Ida und Greta. Jede dieser Personen ist individuell und ausgefeilt chakakterisiert, verfügt über Eigenarten und mutet (trotz bestimmter überirdischer Fähigkeiten) alltäglich an. Toll fand ich auch die berührenden Lebensgeschichten der genannten Personen, denn da hat sich der Autor definitiv was einfallen lassen. Am besten konnte ich mich in Vesper Gold hineinversetzen, da der auktoriale Erzähler den Leser am meisten an ihrer Gedanken und Gefühlswelt hat teilhaben lassen. Sie ist ein ziemlich reifes und emotionales Mädchen.
Die Erzählung ist in einer einfachen und alltäglichen Sprache geschrieben. Stellenweise werden Texte von Songs auf englischer und deutscher Sprache eingeschoben, Ausschnitte aus Märchen und Gedankenblitze, was der Verständlichkeit und dem Unterhaltungswert des Romans keinen Abbruch tut. An spannenden Stellen agiert der Autor oft mit Ellipsen, was nicht minder zur Spannungssteigerung beiträgt als die vielen Überraschungen und Abenteuer der Protagonisten.
Da Vesper und Leander (später auch Jonathan) von mystischen und mächtigen Wesen verfolgt werden, wechselt sich der Ort des Geschehens stetig. Schule, Verspers Wohnung, Museum, Landungsbrücken (wir befinden uns ja schließlich in Hamburg *g*), Leanders Hotel, Andersens Land Rover, Winterwald usw. So kommt sicher keine Eintönigkeit auf, denn jeder Ort hält etwas Neues und Überraschendes bereit.
Wie bereits gesagt, war ich anfangs von dem Inhalt an sich etwas enttäuscht, als mich der Erzähler statt in eine fantastische Märchengeschichte in das alltägliche Hamburg zu unsrere Zeitrechnung beförderte und mir alltägliche Probleme eines etwas anderen Mädchens auftischte. Das Gefühl verschwand dann aber nach und nach, als die von mir gewünschten fantastischen Märchenfiguren, im Roman auch als "Mythen" bezeichnet, auftauchten um Unheil zu stiften. Ich fühlte mich dennoch von dem Roman angesprochen und war dann letztendlich doch begeistert von dem märchenhaften "Thriller", den Marzi mir so kunstvoll auftischte. Trotzdem hätte ich mir doch etwas mehr Märchen und Co. gewünscht, weil der Roman äußerlich nach ebensolchen aussah und auch warb.
Fazit:
Ein gelungenes Buch rund um den Kampf der verdrängten und vergessenen Märchenwelt mit der rationalen Jetzt-Gesellschaft. Etwas Kitsch, etwas Blut, einiges an Action, viel Marzi und gute Unterhaltung.
Für diesen Roman vergebe ich 4 von 5 Sternen.
Zum Autor:
Christoph Marzi, Jahrgang 1970, wuchs in Obermendig nahe der Eifel auf, studierte in Mainz und lebt heute mit seiner Familie im Saarland. Seit dem großen Erfolg seiner Saga um die Uralte Metropole (Lycidas, Lilith, Lumen und Somnia) ist er einer der erfolgreichsten deutschen Phantastik-Autoren.
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